Griechenland 2010

Thessaloniki Madness

Bericht einer spontanen Exkursion von Tartu nach Thessaloniki und zurück mit einer estnischen Gruppe um die 30 Jahre.

Beginn war die Idee als ich Margit traf und sie meinen alten Setra Wohnmobilbus sah.

„Das wäre genau das richtige um unsere estnische Freundin in Griechenland abzuholen, wo sie seit 3 Jahren lebt und nun zurückkehren möchte, wir habe auch schon etwas Geld für die Treibstoffkosten gesammelt“.

Okay, ich stelle den Bus zur Verfügung wenn ihr für den Treibstoff und anfallende Strassengebühren aufkommt.

Über Internet wurden Infos und Planungsdetails ausgetauscht und so bin ich am 15.8. in Tartu mit meinem Bus angekommen um die Gruppe und Treibstoff aufzunehmen.

Das estnische Ordnungsamt begrüsste mich dank nachbarschaftlicher Denunziation wegen verschüttetem Diesel, aber moderat haben wir die Kleinigkeit als solche ohne Konsequenzen stehen lassen.

Langsam trudelten die anderen Mitfahrer ein und verstauten ihre Sachen unter anderem natürlich grundlegende Nahrungsvorräte wie ein Sack Kartoffeln, Tomaten, eingesalzenes Fleisch, Zuccini, …

 

 

Auf gings erstmal nach Litauen um in Kaunas meinen deutschen Freund Gerald, den zweiten Fahrer aufzunehmen.
Die erste Nacht, mal sehen ob auch 7 Leute im Bus Schlafplätze finden können, eng aber es war möglich.
Guter Platz, Wasser zum Schwimmen, trotz Dunkelheit instinktiv richtig gewählt.

In Kaunas dann am nächsten Morgen Gerald eingetütet und weiter gings auf teils holprigen , teils neuen Strassen durch Polen mit vielen Extrastops an Baustellen um Bialostok.

Ratibor besucht, in einigen Städten gab es immer Zeit für Exkursionen, wenn auch manchmal nicht genügend.

Die Wärme nahmen wir mit, aber der Fahrtwind machte die Sache im Bus erträglich.
Schnell durch die Slowakei gehuscht erreichten wir schliesslich Ungarn.
Ein Platz am Felde oder Wald war undenkbar, da tiefer Schlamm von tagelangem Regen zeugte, so wir an einer kleinen Brücke übernachteten wie auch schon in Polen wo ein gewaltiger Gewittersturm am nächsten Morgen das erreichen der Teerstrasse fast verhindert hätte.

In Ungarn auf dem Lande gab es noch eine gemütliche kleine Pinte, wo ein Glas Wein mit 50 Cent durchaus gut schmeckte.

Richtung Debrecen, einer neu enstandenen renovierten Stadt, und weiter nach Szeged, wo dann als erstes ernsthaftes Problem der altersschwache Kühler auf der Autobahn den Geist aufgab.

 

 

Hier nun begann sich trotz Inhomogenität der Gruppe ein interessantes Gemeinschaftsverhalten und Verständnis zu entwickeln.
Trotz misslicher Lage, der Autoservice welchen Margit mit dem Fahrrad erreicht hatte,  schickte nicht wie versprochen einen Kollegen vorbei, war die Stimmung der Gruppe praktisch und locker orientiert.
Ein Ausflug in ein Hotel am Abend die Verspeisung eines kleinen Frosches(besser ein Frosch im Bauch als im Hals war meine Devise) und einige gute Pflaumenschnäpse führten uns dann zur Idee am nächsten morgen mit kontinuierlich von Hand nachgefülltem Kühler die Autobahn zu verlassen und an einer Tankstelle vor Szeged erstmal längeren Halt zu machen.
Unklar wie es weiterging machten wir beiden Fahrer und Mechaniker uns auf die Suche nach einem Kühlerspezialisten, welcher erst noch die Hoffnung hegte den Kühler zu reparieren, dann aber aufgrund desolatem Zustand des Kühlers schliesslich aufgab und mit uns auf Suche nach einem anderen Kühler ging.
Zwischendurch gaben wir der Gruppe bekannt es würde noch länger Dauern, Lösung noch nicht klar.
Schliesslich fanden wir etwas geeigntes passten es ein und konnten dann gegen Abend Richtung Serbien starten.
Die Gruppe war weitgehend hoffnungslos betrunken auch wegen der Ungewissheit ob es weitergeht aber daher erst recht guter Stimmung.
Die Zöllner schauten nur kurz in den Bus und waren froh das wir die betrunkenen Horde weiter weg brachten.
Dann spät abends an der Donau eine Stelle zum übernachten gefunden, eine andere Welt, am Morgen die Angler an der Donau, verrottender Metallschrott drumherum, Ruhe, Gelassenheit auch die Serben sahen in unserem Bus nichts aussergewöhnliches, aktzeptierten uns als Teil ihrer lockeren fast anarchistisch anmutenden Welt.

Am nächsten Tag dann auf der Autobahn an Belgrad vorbei, was aber immer noch heisst mehr oder weniger mittendurch. Alle 30 – 50 km die Strassenmautzahlung, nun wovon sonst sollten die Serben noch profitieren, ohne Meerzugang sind die Touristen nur noch Durchreisende.
Auf dem Weg nach Makedonien dann in den Vorbergen einen kleinen Stop an einem gut gefülltem serbischen Hotel mit Restaurant gemacht.
Die Halterung der Lichtmaschinen war gebrochen, glücklicherweise waren sie am Hotel gerade das Treppengeländer am schweissen, so das ich gegen eine grosse Flache lettischen Starkbiers meine ausgebauten Halterungen schweissen lassen konnte. Der Chef des Hotels machte noch die Arbeiter an, sie häten was anderes zu tun, die ignorierten aber das Geraunze einfach.
Durch Mazedonien dann mehr oder minder über die Schnellstrassen mit 100 – 110 durchgeflogen um noch spät abends Thessaloniki zu erreichen.

Da fing dann das Chaos an.
Ich sagte noch zu Margit, in dieser Millionenstadt ist Orientierung schwer, sag deiner Freundin Leelo wir treffen uns einem einfach zu findenden Punkt in der Stadt, z.B. Hauptbahnhof.
Aber nein, die beiden waren schlauer und versuchten mich ca. 1 Stunde vergeblich durch die Stadt zu lotsen, bis sie es wegen eigner Orientierungslosigkeit aufgaben und wir uns schliesslich doch am Hauptbahnhof trafen.
Damit war das Debakel aber noch lange nicht zu Ende, Gerald übernahm das Steuer während ich trinkend immer mehr in Rage geriet da Leelo kaum in der Lage war uns den Weg zu ihrem Haus zu weisen, – enge Gassen steile Anfahrten, Eiahnstrassen dies alles und noch ein paar umfallende Gegenstände im Bus liessen mich in einem Wutausbruch diverse Gegenstände aus dem Bus auf die parkenden Autos werfen.
Endlich in der Nähe, Parkplatz undenkbar , zwischen einer Einfahrt Müllcontainern und einer Strassenlaterne gequetscht fanden wir einen Moment Ruhe.
Leelos Wohnung inspiziert, und der nächste Schreck, von wegen ein paar Kisten, ein Umzugslaster wäre geeignet gewesen, nicht aber ein kleiner Reisebus mit 9 Leuten und deren Gepäck.
Nun denn, auf jeden Fall morgen raus hier aus dem Moloch und ans Meer fahren, die beiden Freundinnen wollten dann aussortieren und packen so das wir nach ca. einer Woche nur noch in ca. 2 Stunden alles Umzugswürdige verstauen sollten.

Bei immer noch schöner Wärme aber auch stürmischem Wind brachen wir dann Mittags auf eine der Halbinseln den mittleren der drei Finger vor Thessaloniki zu erkunden.

Auch dort war viel Betrieb, die kleinen Buchten stark zugeparkt, so wir einen einsamen Feldweg erkundeten welcher zu einer zwar nur steinigen aber einsamen Bucht führte, kaum befahrbar und bei Regen sicherlich bis auf weiteres unpassierbar hatten wir zumindest ein ruhiges Plätzchen ohne andere Leute gefunden.

 

Endlich dachte ich ein erfrischendes Bad zu nehmen bei ca. 34 Grad Aussentemperatur,-wit gefehlt, in eine warme Badewanne steigend und fast schwitzend den unzähligen Seeigeln ausweichend kam die Erfrischung erst nach dem Bad, als der Wind meinen nassen Körper abkühlte.

Am nächsten Tag dann in Sarti zum erstenmal richtige Wellen am Mittelmeer gesehen und natürlich griechisches Chaos liv
e. Ein Helikopter flog über dem Starnd, anscheinend war ein Grieche beim Schwimmen in den Wellen ertrunken, eine Menschenansammlung an der vermutlichen Stelle, ein Schlauchboot mit Sicherheitsleuten schaukelte über die Wellen bis die zwei Insassen durch eine richtig gute Woge herausgeschleudert wurden und noch lange das Boot herrenlos seine Kreise zog bis es am Strand angespült wurde.
Ich war der erste im Wasser und schwamm mit Freuden auf die grossen Wellen zu, nur zaghaft setzten danach die ersten Badegäste wieder ihre Füsse ins Wasser.

Ein Erkundung mit dem Fahrrad führt mich zum neokapitalistischen Labyrinth des Minotaurus einer riesigen vorbereiteten Infrastruktur mit grossen Asphaltstrassen und kleinen Betonwegen auf einem Küstenberg. Die meisten Strassen endeten an nummerierten Plätzen, eine seit Jahren nicht vollendete Fereine oder Neubausiedlung ohne Bauten, die Erosion hatte schon wieder Teile der Strassen aufgelöst, ich fand eine kleine Bucht und einen guten Parkplatz für unseren Bus am darauffolgenden Tag.

Immer der Berg Athos im Blick entschieden wir uns in den letzten zwei Tagen den Anfang des dritten Fingers bis zur Grenze des verbotenen heiligen Bezirks zu erkunden.
Auch hier genoss ich eine kleine Fahrradexkursion zur Grenze wo Ausgrabungen an einem alten Kloster zu besichtigen waren. Ebenso ein kleiner Ausflug auf eine etwas stark von griechischen Touristen vereinnahmte Insel.
Einige unserer Gruppe unternahmen noch einen kleinen Übertritt in den verbotenen Bezirk ohne etwas Nennenswertes zu entdecken.
Nachts fuhren Schmuggler oder Handelsboote von Athos zur freien Bucht um Treibstoff , Wassermelonen etc. aufzunehmen, einer der Mönche schwärmte von Putin und dem neuen russischen Reich orthodox ist anscheinend auch gleich russisch patriotisch in Griechenland.

Dann kam der traurige Zeitpunkt des Abschiedes von der so schön warmen Küste, am letzten Abend stiessen die restlichen Mitglieder zur Gruppe, ein schönes Grillen und Trinken.

Am nächsten Nachmittag begann der Rückzug nach Thessaloniki und des Debakels zweiter Teil.

Kaum möglich wieder die Strasse und Region zu finden irrten wir mehr als eine Stunde um Thessaloniki herum um dann in der engen Altstadt 2 Strassen blockierend den Umzug zu beginnen.

Krakeelende Griechen, Geschimpfe und Drohungen, dennoch zwei Stunden hielt ich die Stellung bis der Bus wegen Überladung zu platzen drohte und ich Einhalt gebat.

Fast eine Stunde dauerte das oft um Zentimeter ringende Manöver aus der Altstadt mit einem Bus herauszukommen wo schon PKWs kaum Platz hatten.

Wartend auf Leelo habe ich dann am Rande der Stadt die erste preisgünstige Kneipe entdeckt wo man kleines MESE und eine Falsche Retsina für 4,50 EUR einnehmen konnte und noch ein Glas als Souvenir mitnehmbar war.

Spät abends dann zurück nach Mazedonien, irgendwo auf einem Berg übernachtet ein wenig rumgestritten wegen Umzugsfragen.

Am nächsten morgen noch etwas erschöpft bei ca. 40 Grad Skopie erkundet, die Zigeuner von einst (1985/86)waren fast alle verschwunden viel Baustellen und wenig Flair.

Dann weiter nach Serbien dort als Ziel einen schönen Stausee gefunden wo zwar ein Campingplatz war, was aber keinen, auch die Serben nicht interessierte, und freies Camping sogar mit Plumpsklo neben einer Kneipe zum verweilen einlud.
Abends ein Gespräch mit einem Serben, wegen fehlendem Meerzugang und anderen Fragen sind sie alle etwas frustiert und resigniert, schimpfen auf die EU und sagen sich innerlich leckt mich alle am Arsch, wir machen unser Ding und können auch so gut leben,- angenehme Atmosphäre, nix mit das verboten hier darfst du nicht, eine gewisse anarchistische Freiheit ohne die immer dazugeredete Gewalt, Kriminalität oder Aggression.

Der nächste Tagv war Novi Sad gewidmet einer gut belebten Stadt mit schönen alten Bauten aus der Ku.K Monarchie aml nicht so unnatürlich gelckt renoviert, eine schönes serbisches Restaurant mit interessanten Speisen und zivilen Preisen.

Dann begann der erste Temperatursturz an der Grenze zu Ungarn fiel die Temperatur auf nur noch ca. 23 Grad und leichtem Regen, 3 Std. warten an der Grenze wegen Urlaubsrückreiseverkehr egal ob auf Busspur oder PKW spur.

Weiter die langweilige Autobahn nach Budapest aus Zeitmangel und Richtung Slowakei über Zvolen.
Hinter Zvolen ein kleiner Reperaturstop wegen wieder gebrochener Lichtmaschinenhalterung, ich fand den Kontakt zum Busbahnhofwerkstattmeister, welcher abends noch zu uns kam und mit mir die Halterungen schweisste, einfach, unkompliziert mit Verständnis.

Dann in Polen im Wald übernachtet , eine Seitenscheibe ging zu Bruch, so das wir am nächsten Morgen den zweiten Temeperaturschock bei ca. 12 Grad erlebten.

Polnische Glaser wollten nicht arbeiten, nach dem dritten gaben wir es auf, er meinte es wäre verboten einfaches Glas in die Seitenscheibe einzusetzen,- in anderen Ländern undenkbar, da wird und wurde gehandelt.
So wir schliesslich im Baumarkt ein Stück Plexiglas besorgten und es uns selber zurechtsägten.

Krakow, ein zweiter Moloch, Parkplatz nur auf einer Raststätte kurz vor dem Zentrum wo Parken natürlich verboten war.
Eine Stadt ähnlich wie Prag deren Hauptattraktion anscheinend Führungen in die KZ darstellen, jedenfalls wurde an jeder Ecke dafür geworben.

Eine unvollendete Umgehungsstrasse führte uns nach ca. 1 ½ Stunden wieder fast genau ins Zentrum zurück, nach 2 ½ Std. hatten wir endlich die Metrolpolis hinter uns.

Weiter an Warschau vorbei, eine Nacht im Schlamm, für einige der Gruppe denen der ungarische Wein zu Kopf oder in die Beine stieg, aber die Stimmung blieb gut , wir machten an zwei polnischen Kleinstädten halt, wo erstaunlich war wie fleissig die befahren wurden und wie wenig belebt im Zentrum.

Gerald dann am nächsten Abend in Kaunas am Flughafen abgeliefert und noch eine letzte Übernachtung in Litauen um dann die Zielgrade Kaunas-Tartu-Piltene zu absolvieren.

Eine kleine Umfrage meinerseits zur Reise an die Gruppe:
–    trotz abendlicher Drinks ein zügiges Starten am Morgen auch seitens der Fahrer, Gruppe hatte da anfangs etwas Bedenken.
–    Gefühl der Sicherheit trotz kleiner Defekte aufgrund der gespürten Vertrautheit der Fahrer mit dem Fahrzeug
–    Frust der Fahrer (vor allem meiner) kommt direkt zum Ausbruch, das war gut, sagt auch die Gruppe
–    Wegen knapper Zeitspanne waren die Pausen und Halte in den Städten etwas kurz
–    Übernachtungsplätze wraen interessant gewählt vor allem der erste schön intuitiv
–    Teilen/Organisieren des Essens „Was auf dem Tisch steht gehört jedem“
–    Personen und Umzugsmaterial sind schwer mit Übernachtung alle im Bus zu vereinbaren aber dennoch möglich
–    „Wir wussten nicht das wir so flexibel sein könnten“
–    „Die Fahrt war dazu da über die Zukunft nachzudenken“
–    „Manchmal wenn das Leben nicht in einem ist, ist es gut wenn es um mich herum ist , und ich darin baden kann.“

In Tartu das grosse auspacken, erstaunlich was so alles in den Bus reingeht, Duschen in der orthodoxen Kirche und ein herzlicher Abschied von
der Gruppe
Mit etwas reperaturbedürftigen aber immer noch voll fahrbereitem Bus spätabends in Piltene angekommen.

Fazit: Wo die Tat ist findet sich auch ein Weg

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