Stille Tage in Sidi Ifni
Nach einem fantastisch verregneten Sommer, welcher im Baltikum immer häufiger wird, und auch nachdem selbst das Schwarzmeer in der Ukraine Ostseetemperaturen bekam, entschloss ich mich kurzfristig nochmal einen kleinen Ort an der Grenze zur Sahara im Süden Marokkos aufzusuchen.
2014 bin ich schon einmal mit meinem alten Setra Bus dort vorbeigekommen, und wusste – dies ist ein Ort wo ich in Ruhe denken und schreiben kann.
Hier ein paar Zeilen:
Opionale Banalitäten aus Sidi Ifni
Man hat mich aktzeptiert hier, als der verrückte verschrobene Schriftsteller und Philosoph, der ich sein möchte und selten wirklich bin.
Selbst die Araber brauchten etwas Zeit bis sie mich einordnen konnten.
Der Zebravogel
Die Dosierung des Dopes gerät ins Uferlose, wie der Fluss in der Ukraine.
Zubrowska
Man kann noch viel mehr Beispiele finden als in meiner kleinen Schrift, von Wiederkehr und Wiederholungen, achtet mal drauf!
Die lange Allee die vom Berg runter auf mich zukommt spült die Eindrücke, Bewegungen, Geschehnisse über dich hinweg, ohne dich wirklich zu berühren.
Allabendlich eine Frau gegenüber mit der widerscheinenden Aura ihres Phones auf dem Gesicht, herausgelehnt um des besseren Empfanges wegen, im Dauerkontakt.
Die Jungens spielen mit Feuer, besser als die Erwachsenen es vermeinen.
Planloses Zündeln birgt viel grössere Überraschung als konstruktives Vernichten.
Und die Mädchen begiessen alles mit Wasser aus Plastikflaschen.
Kann man alles in einem Leben haben? Nein.
Oder ?
Ich müsste mein Bewusstsein und meine Phantasie über alle Zyklen hinweg ausdehnen können.
Im pragmatischen Leben bliebe man trotzdem vor der Auswahl nicht verschont.
Das Leben, und nicht nur das menschliche;
in und mit der Masse wächst das Elend, erst das körperliche und das das geistige, denn die Sattheit der einen Gruppe schafft den Mangel der Anderen.
Die unzähligen Strassenhunde und -katzen, neben den Zubehörgeschäften für verhätschelte Nuttenköter und Rasselkatzen, auch dieser Zyklus wird enden.
Pech für die kleine Katze neben mir, der gebe ich bestenfalls noch einen Monat, und davon bedeutet das für sie bestimmt 90% Qual, Hunger und Schmerz.
Wäre wieder die Frage:
Muss das so sein?
Nicht alles hängt am Menschen, der Mensch selbst ist wohl kaum seine eigene Erfindung, er ist eine von unzähligen Kombinationen was die Materie mit der Zeit alles hervorbringen kann.
Mit dem Bewusstsein des nicht auszutilgenden Leides, welches mitunter durch den Menschen auf der Erdkugel für andere Lebensarten vergrössert wird, wäre die einzige humane ethische Tat des Menschen, der Abgang der Rasse von diesem Planeten.
Aber soweit versteigt sich dann doch nicht die menschliche Scheinmoral, dann lieber weiter Biostrom anbeten, Lattenweise Kaffee aus immer komplizierteren und lauteren Esspressomaschinen saufen, Müll trennen, und brav vor seiner eigenen Tür fegen, den Kehricht wirft man etwas weiter unerkannt weg, in die 2. und 3. Welten.
Hauptsache zuhause siehts schön sauber aus.
Rue de Noire
Und alles was ich denke, bin ich, werde ich gewesen sein. (frei nach Descartes)
Freud hätte seine wahre Freude an mir.
Weder baue ich am Weltgefüge noch bin ich ein Baustein davon.
Dieses gesellschaftliche , pseudo- philosophische und theologische Bauwerk nannte man einst den Turm zu Babel!
Das ewige Paradies ist keine unendliche Schöpfung, sondern nur ein ewiger Propagandawunsch, mit dem nie erreichten hehren Ziel des Paradieses vor Augen, eine reine Züchtungsmassnahme für die menschliche Gesellschaft.
Man kann sich auch in die Hosen scheissen, bevor man sie angezogen hat.
Einige allgemeine Bemerkungen zu Marokko.
Gebaut wird reichlich, Strassen und Häusser, letztere stagnieren oft beim 1. oder 2. Stock , nach euphorischem Start.
Die meisten Männer sitzen anscheinend tagaus, tagein im Cafe und trinken Schwarztee oder Milchkaffee.
Die Frauen sind nicht mehr so verborgen wie früher, und alle wollen nach Europa, Geld machen ohne Produktion.
Rauheres Klima, der starke Wechsel zwischen kalt und warm, hat die menschliche Tätigkeit, den Erfindungsgeist zwecks Vorratsbeschaffung und -haltung, somit die technische Einstellung für das Entstehen norwestlicher „Zivilisationen“, begünstigt.
„Not macht erfinderisch“, und führt nach der ersten gelungenen Befriedigung zu Gier.
Die Völker in den tropisch und gemässigsten Zonen brauchen von dem allen nichts wirklich, aber haben es aufgedrückt bekommen, wie Drogen in der Schule, im Tausch für was auch immer, Glasperlen, Bildschirme etc., damit sie auch der Gier verfallen, ihre Resourcen billig versilbern damit ihre Landstriche veröden, damit auch dort das zivilisierte Leben beginnt.
Dennoch muss man auch eine gewisse Skepsis gegenüber dem paradiesischen rousseauschen Urzustand haben, allerdings kann man mit Sicherheit diesen einfachen Kulturen unterstellen, das sie bestimmt oft längere Zeiten der entspannenden Untätigkeit haben als die westeuropäischen Völker welche unter einem dauernden Handlungsdruck zu stehen scheinen.
Versteinert sitzt man in der Zeit,
Sidi Ifni, ein Vorgeschmack auf die letzte indische Opiumhöhle.
Ich sass manchmal in der Abendsonne und habe oben von der Terasse eine Stunde lang in die Sonne und aufs Meer gestiert.
Und später abends flossen die Gedanken in blitzesschnelle, wie beim Wellenreiten, mit leichter Bewegung der eigenen phantastischen Konstruktionen, und dann verfolgt man sie eine Weile, und stellt fest, dies alles zu verwirklichen könnte etwas anstrengend sein, und verschiebt die möglichen Wege an jeder Kreuzung auf ein nächstes Mal, zugunsten der Bequemlichkeit.
Jeder möchte doch eigentlich nur ein Gott werden!
Und in dem unendlichen Matroschka – System, nach oben und unten unbegrenzt, sind wir kleine Götter auf Erden, oder Mikroben in einer Petrischale galaktischen Ausmasses.
„Keine Weltrevolution, die Drecksarbeit überlasse ich denen die das angezettelt haben!“
Die Frage der Wiedergeburt, ausgehend vom Gedanken, nicht etwas zu nichts machen zu können, lässt sich das, was dieses Ich zusammenhält (Bewusstsein, Anziehungs- und Abstossungskraft, magnetische Energie), ebensowenig zunichte machen.
Es könnte naheliegen das dieses geistig – seelische System, was eine Lebensform organisatorisch zusammenhält und wir Bewusstsein, Ich, Persönlichkeit nennen, weniger einfach wie die Materie in kleinste Teilchen (z.B. durch Verbrennung) sich aufspaltet und verstreut.
Dies würde wieder den Schluss nahelegen, das die zusammenhaltenden, geistig seelischen Funktionen, Urformen wären.
Vorsicht!
Zum einen können aus kleinen Göttern schnell grosse werden,
zum anderen könnte die Kontroll- und Zusammenhaltfunktion, Bewusstsein, Persönlichkeit, rein materiell, physiologisch im Gehirn verankert sein, welche dann ebenso wie die Materie dem Zerfall ausgesetzt ist.
Die Auferstehung beim Christentum, bis zum jüngsten Gericht, wird mehrmals unterbrochen bzw. wiederholt, erneuert z.B. 1000 jähriges Reich, Johannes Apokalypse , dies sind asiatisch rudimentäre Reste eines hinduistisch buddhistischen Glaubens.
Der Islam beharrt mehr auf eine Einmaligkeit des persönlich menschlichen Erdenlebens.
Und dann sieht man die appenen Beine, und ahnt, wenn diesmal es einen nicht selbst trifft, so sicher wahrscheinlich irgendwann auch mal so beschissen.
Und da wird schneller hiesiger Abgang auch nicht wirklich langfristig was dran ändern.
Aus Pessimismus den Selbstmord vermeiden.?
S.Ifni ist etwas anderes, hier belasten mich keine Erinnerungen, weder geographisch noch assoziativ, die Zukunft versinkt im fernen nebligen nordischen Schleier, und die Zeit dehnt sich aus in einer entspannten, hellen Selbstgenügsamkeit.
Vielleicht wie ich endlos als kleiner Junge in einem marokkanischen Fischerboot sass und es am Ankertau immer wieder vorwärts zog, bis es sich wieder an der kurzen Strippe drehen musste, – und in Gedanken war ich immer auf grosser Fahrt.
Sidi Ifni und Nischni Nowgorod
– akustisch herrliche Partnerstädte.
Vama Veche, Le Treport, Sarakiniko, Luzna …
Da waren nur selten die Berge:
Lanzarote, Peleponnes, Kaukasus (Dushba der Schreckliche)
und nicht zu vergessen der Galgenberg
(Eifel, wo sich einer am Berg erhangen hat und ich mein erstes „Petting“ hatte.)
Frei von sich selbst und als kosmischer Betrachter auf sich selbst wie auf eine kleine Mikrobe in der Petrischale starren, um Muster des Lebens, eines Ichs zu erkennen.
Und sich daran weiterhangeln im endlosen Labyrinth der Formen.
Ein Werk fort-setzen ist wie es weg-packen.
Heute bleibts beim Einpacken.
Und Morgen wird ausgepackt!
Warum sollte einer mich verstehen wollen?
Warum wollen viele Goethe, Einstein, Beethoven, Dalai Lama … verstehen?
Tote versteht man meist schlechter als Lebende.
Doch mitunter kommt einem der esoterisch ketzerische Gedanke, das der Wille zum Verstehen immer nach hinten ausgerichtet ist.
Will man überhaupt verstanden werden, wenn es über die pragmatischen Funktionen hinausgeht?
Die menschl. Beziehungen werden zunehmend hohler, oder nur noch mit Pragmatismus gefüllt.
Die Zeit ist reif und fällt ab wie eine Frucht vom Baum der Erkentnis.
Die Läden sind geöffnet, aber der Umsatz lässt zu wünschen übrig.
Die Menschen warten geduldig auf bessere Zeiten und improvisieren mit der Zukunft.
Pech für die späteren Generationen, die nicht mehr warten können.
Next exit Brooklyn!
Die Menge der Menschen hat erst die Arbeitsteilung und dann die monotone Beschäftigung hervorgebracht (Industrialisierung).
Angefangen bei der Landwirtschaft, endend in chinesischen Fabriken.
Menschen und Ameisen, viel Ähnlichkeit, die Vernichtung der Individualität zugunsten der Masse, auch ein Phänomen der Natur.
Die Menschen als Nestbauer, mit dem Wunsch einen sicheren Hafen zu finden, welch eine dämliche Illusion, anstelle sich wie Sklaven diesem eingetrichterten Wunsch hinzugeben könnte man das Leben probieren, ausreizen, spielerisch damit experimentieren, denn verlängern und behalten kann man es nicht.
Ob man nun in einem neuen Haus stirbt, versichert bis ins Jenseits gegen Alles, oder in einem zerfallenden Schuppen, unter einer Brücke oder auf der Strasse krepiert, – letztere Varianten machen zumindest das Verlassen des Planetens einfacher, da, wenn man nichts mitnehmen kann, auch am Schluss am besten nichts hat, was man ungenutzt mit einem tränenden Auge zurücklassen müsste.
Viele denken daran etwas zu hinterlassen, ihr Werk, ihre Kinder, oder glauben an die Pflicht eine Lebensaufgabe zu erfüllen …
Alles Schwachsinn!
Es gab nie eine Aufgabe, keine Pflicht, und die Kinder wären ungeboren auch nicht unglücklicher gewesen.
Ein Spiel, nichts weiter, und die Regeln ändern sich je nach Umgebung dauernd.
Aber man muss sie nicht befolgen, angesichts des sicheren Todes wäre ein Leben nach Regeln gewissermassen lächerlich!