Andere aktuelle Artikel zum Zeitgeschehen in Lettland

siehe dazu auch besonders: Lettlandweit.info

 

 

Hier werden Beiträge von mir, und hoffentlich zukünftig auch von verschiedenen Autoren, gesammelt zu Eindrücken aus und über Lettland sowie Bezüge europaweit.

Wer mir einen Beitrag senden möchte bitte an: gallmeister@inbox.lv

 

Der neue Patriotismus in Lettland?

 

 

In obigem Artikel der sehr lokalnationalen Zeitung Ventasbals wird unter der Überschrift: “Marschieren stärkt den Patriotismus”  eine Entwicklung beschrieben, welche in Deutschland undenkbar, aber in den neu entstandenen jungen Nationen immer augenscheinlicher wird, wie u.a. auch in Ungarn.Mit sinkendem Lebenstandard und wirtschaftlicher Schwäche steigt die , vermutlich von der Regierung so propagierte, Tendenz zum Nationalen als letzter Halt, um ja die Ursachen für sozial- und wirtschaftsprobleme nicht im eigenen Land oder noch schlimmer bei den gewählten eigenen Volksvertretern zu suchen.

Die Schulwoche vom 12. bis 16. November war die “patriotiska nedela” (patriotische Woche), jeder Tag wurde mit 1-2 Stunden Marschieren, 1 Stunde Wettberwerb über Lettland, 1 Std. Vaterlandsstunde mit Präsidentenbildern, Singen der Nationalhymne … “bereichert”.

Der neue Nationalkult in Lettland steht im krassen Widerspruch zur Wirklichkeit, welche angesichts mangelnder Arbeitsplätze, schlecht bezahlter Arbeitsplätze (Mindestlohn ca. 200 EUR nach Steuerabzug), Altersarmut … fast alle halbwegs fähigen Bürger ins Ausland getrieben hat, um dort mit allen möglichen Hilfsarbeiten ein halbwegs genügendes Einkommen zu finden.

Viele dieser ehemaligen Bürger Lettlands besuchen jährlich gerade noch für ein paar Wochen ihre verbliebenen Verwandten in Lettland, einige haben schon eine andere Staatsbürgerschaft angenommen oder beabsichtigen dies.

Ob da denn mit Marschieren und Paraden abgeholfen werden kann?

Ich denke da an ein parodistisches Stück der österreichischen Band EAV aus den 80er Jahren

“Wir marschieren, wir marschieren, es vertrocknet unser Hirn, vorwärts Marsch Delirium, bumm den Kaiser um!”

 

 

 

 

 

 

 

Russisch als zweite Amtssprache in Lettland?

 

Nachdem durch eine Unterschriftensammlung vom 1. bis 30. Nov. 2012 rund 167.000 Einwohner
Lettlands den Wunsch für ein Referendum unterzeichnet haben, welches die Einführung der
russischen Sprache als zweite Amtssprache vorsieht, wurde damit die notwendige Zahl von
Unterschriften erreicht, um das Referendum in Kraft zu setzen.
Die Anzahl der geleisteten Unterschriften entspricht etwa 10% der stimmberechtigten
Gesamtbevölkerung Lettlands.
Für die russische Sprache als Staatssprache hat sich die Initiative “Muttersprache” (Dzimtā Valoda)
unter der Leitung von Vladimir Linderman, Evgeny Osipov und Alexander Gaponenko eingesetzt.
In der Anfangsphase wurden über 12000 Unterschriften bei einer offiziellen Umfrage gesammelt,
wodurch die Möglichkeit für die Entscheidung über ein Referendum gegeben war.
Am 20.1.2012 hat das lettische Verfassungsgericht beschlossen, die Durchführung des Referendums
zur Einführung der Russischen Sprache als zweite Amtssprache zuzulassen. Der Termin für das
Referendum ist somit der 18. Feb. 2012.
Zwei national eingestellte Regierungsparteien haben bislang erfolglos versucht, dieses Referendum
über das Verfassungsgericht zu blockieren.
Hintergrund dieser Thematik ist zum einen der sehr große Anteil russisch sprechender Einwohner
Lettlands, welcher in den Städten Riga, Liepaja und Ventspils mit Sicherheit die Hälfte ausmacht, in
Daugavpils sind fast 90 %. Das ganze Land betrachtend, kann man etwa von einer knappen Hälfte
russisch sprechender Einwohner ausgehen kann.
Zum anderen gibt es die immer noch nicht vollständig gelöste Frage der ohne Staatsbürgerschaft in
Lettland lebenden Russen (Aliens), welche noch immer einen Anteil von knapp 15% der
Bevölkerung betragen.
Diese können zwar auch durch das Schengen Abkommen innerhalb der EU reisen, haben aber
Schwierigkeiten eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.
Allerdings gibt es in Lettland trotz politischer Diskussion relativ wenig Probleme zwischen Letten
und Russen, im Vergleich zu Estland, da auch der muttersprachlich lettische Teil der Bevölkerung
immer noch relativ gut russisch spricht und versteht.
Die deutsche Sprache ist mittlerweile in Lettland doch ziemlich nebensächlich, interessanterweise gibt es allerdings z.B. die Möglichkeit eine theoretische Führerscheinprüfung in Lettland neben lettischer, russischer und englischer Sprache auch in deutscher! Sprache abzulegen.
Ob hierin noch ein historischer Bezug zu erkennen ist, ich kann es nicht eindeutig v
erifizieren.

Nur bei der jüngeren lettischen Generation bemerkt man das Schwinden der Russischkenntnisse
immens.
Im Alltag sind viele Dinge sowieso zweisprachig ausgeschildert, so z.B. in vielen Restaurants die
Speisekarten, Informationen auf Behörden etc.
Durch die weiterhin ungebremste Abwanderung von vor allem teils auch gut ausgebildeten
lettischen Bürger ins Ausland zwecks Arbeitssuche, fühlen sich einige Russen ohne
Staatsbürgerschaft als die Zurückgelassenen und fragen sich dann nicht ganz zu Unrecht, warum
nicht auch die Sprache der zweiten Reihe zweite Amtssprache werden kann.
Nach einer Umfrage vom 26. Januar rechnet man mit einer Beteiligung von etwas über 60% der
Bevölkerung am Referendum, wovon voraussichtlich etwa 1/3 für die Einführung von Russisch als
weitere Amtssprache stimmen wird und etwa 2/3 gegen.

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